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Als die Landesjustizminister - übrigens auf Anregung der Berliner Regierung - sich im Herbst 1961 entschlossen, eine der zentralen Stelle in Ludwigsburg vergleichbare Zentrale Erfassungsstelle ins Leben zu rufen, beabsichtigten sie erklärtermaßen, die Gewaltakte an der Demarkationslinie und in der SBZ, die im Zusammenhang mit dem Bau der Berliner Mauer stünden, zu erfassen, Beweismittel zu sammeln, um diese Taten schließlich einer strafrechtlichen Sühne zuzuführen. Kein Zweifel, es sollten nur strafrechtlich verfolgbare Gewaltakte erfasst werden. Kein Minister, der nicht das Schießen an der Demarkationslinie, das gewaltsame Verhindern der freien Ausreise aus der SBZ in die Bundesrepublik für strafbares, bei uns verfolgbares Unrecht gehalten hätte. Damals, 1961, gab es niemanden, der den Bau der Mauer für eine rechtmäßige Befestigung einer Staatsgrenze, dass Überschreiten dieser und anderer fester Grenzhindernisse für eine unrechtmäßige, vom DDR-Regime zu Recht verfolgte Handlung angesehen hätte.


Nur unter diesem Blickwinkel lässt sich überhaupt die Errichtung der Zentralen Erfassungsstelle verstehen. Nur auf diesem rechtlichen Hintergrund wurde sie in den Justizapparat ein und einer Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht - nämlich Braunschweig als den Bezirk mit den reichsten, aber auch traurigsten Erfahrungen auf diesem Gebiet - angegliedert.

Es wäre wenig sinnvoll gewesen, eine Stelle, die etwa nur historisch bedeutsames Material zusammengetragen hätte, mit Staatsanwälten zu besetzen. Diese Stelle Beamten einer Strafverfolgungsbehörde anzuvertrauen, bedeutete also nichts anderes, als ihre Aufgaben unter dem Gesichtspunkt der strafrechtlichen Verfolgung zu sehen. So hat denn die Zentrale Erfassungsstelle zu keiner Zeit anderes tun wollen, als von ihr als strafbares Unrecht erkannte Handlungen zu erfassen und die Täter einer späteren strafrechtlichen Sühne vor Gericht zuzuführen.