Präsident Carstens: Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich eine Erklärung abgeben.

Am 14. März 1978 ist Nico Hübner, ein junger in Ost-Berlin wohnender Deutscher, verhaftet worden. Nico Hübner hatte sich unter Hinweis auf den entmilitarisierten Status der Stadt geweigert, einer Aufforderung zur Tauglichkeitsuntersuchung für den Dienst in der Nationalen Volksarmee nachzukommen. Am 7. Juli 1978 verurteilte das Stadtgericht von Ost-Berlin Hübner zu fünf Jahren Freiheitsentzug.

Die drei Westmächte haben anläßlich der Verhaftung und anläßlich der Verurteilung gegenüber der Sowjetunion darauf hingewiesen, daß diese Maßnahmen den in den Nachkriegsvereinbarungen der Vier Mächte und der Gesetzgebung des Alliierten Kontrollrats festgelegten, bis heute fortbestehenden entmilitarisierten Status Berlins verletzen. Sie haben eine Überprüfung des Urteils gefordert. Wir sind den drei Westmächten für diese Haltung dankbar.

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat seine Solidarität mit Nico Hübner bekundet. Viele Bürger aus dem Inland und Ausland haben sich in zahlreichen Petitionen für ihn eingesetzt.

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Ich bringe die gemeinsame Überzeugung der Mitglieder des Deutschen Bundestages zum Ausdruck, daß das Urteil gegen Nico Hübner dem Rechtsempfinden widerspricht. Der Deutsche Bundestag appelliert an die Verantwortlichen, Nico 'Hübner freizulassen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, das in ihren Kräften Stehende zu tun, um die Freilassung von Nico Hübner zu erwirken.

(Beifall bei allen Fraktionen)


Quelle: Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode – 123. Sitzung – Bonn, Donnerstag, den 7. Dezember 1978 Seite 9541