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Moderne Grenze

Seit Anfang des Jahres 1965 sind auf östlicher Seite der Demarkationslinie (DL) Bau- und Abrissarbeiten, die mit der„Ausbesserung an den seit dem 13.8.1961 bestehenden und ständig verbesserten „Grenzsicherungsanlagen“ (GSA) offensichtlich nicht im Zusammenhang stehen, zu beobachten. Geflüchtete Grenzsoldaten berichten, übereinstimmend über Pläne zum Bau der „Modernen. Grenze“, die bis zum Jahre 1970 fertiggestellt sein soll.

„Moderne Grenze“ bedeutet nicht etwa Erleichterung für die im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Staaten üblichen Formalitäten, sondern den weiteren Ausbau des „Schutzstreifens“. Das Adjektiv „modern“ kann deshalb nur im Sinne von neuesten Erkenntnissen, nach Auswertung von Erfahrungen und unter Beibehaltung des bisherigen Zieles der Verhinderung von Republikflucht gedeutet werden. Aus diesem Grunde muss insofern von einer Verhärtung der Situation an der DL gesprochen werden. „Modern“ wird auch sein, dass der Betrachter des „Schutzstreifens“ aus West-Berlin nicht mehr Stacheldrahtzäune, sondern – gewissermaßen als Grundstücksbegrenzung - einen Maschendrahtzaun mit dahinter liegender Rasenfläche sehen wird.

Folgende Arbeiten werden zur Zeit ausgeführt:

● Gebäude aller Art im „Gefechtsfeld“ werden weiterhin abgerissen;

● Unterholz wird entfernt, Wald abgeholzt und weitere Bäume werden gefällt;

● Alarmanlagen werden errichtet („Kontaktzaun“ und Signal- bzw. Abschussgeräte“);

● die bisherige Beleuchtungsanlage wird durch eine neue ersetzt, zwischen den Beobachtungstürmen werden Scheinwerfer montiert;
● ein Graben (ca. 3 - 5 m breit und tief) wird ausgehoben;

● eine asphaltierte Straße für motorisierten Streifendienst wird gebaut;

● der „Schutzstreifen“ wird durch Errichtung von Maschendrahtzäunen begrenzt.

Diese Arbeiten sind als Teilarbeiten und als Ergänzung bisheriger Maßnahmen mit dem konzentrierten Ziel „Moderne Grenze“ anzusehen.

Damit würde der „Schutzstreifen“ nach vollendetem Ausbau im Jahre 1970 von West- Berlin aus gesehen folgende prinzipielle Einteilung aufweisen (s. Skizze, S. 10):

- 10/8 – (Skizze „Moderne Grenze“)

1. ca. 2 Meter hohen Maschendrahtzaun.2. Rasenanlage

3. Graben und Beleuchtungsanlage,

4. „Spurenstreifen“,

5. asphaltierter Streifenweg,

6. „Grenzsicherungsanlagen“ (Signalgeräte, Hundelaufanlagen, „Kontaktzaun“, gekoppelt mit Scheinwerfern und Beobachtungstürme sowie Betonbunker)

7. rückwärtiger Maschendrahtzaun

Die Tiefe dieses „Schutzstreifens“ innerhalb des „Sperrbezirkes“ richtet sich, wie an einigen fast fertiggestellten Anlagen bereits zu erkennen ist, nach dem örtlichen Gelände und kann bis zu 100 m betragen. (Damit ist nicht der „Sperrbezirk“ zu verwechseln, da der „Schutzstreifen“ nur ein Teil des „Sperrgebietes“ ist.)

Ob die rd. 22 km lange „Mauer“ (einschl. Grundstücks- und Friedhofsmauern sowie Häuserfassaden) in der City abgerissen und durch den Maschendrahtzaun des Planes „Moderne Grenze“ ersetzt werden wird, lässt sich z. Zt. nicht mit Sicherheit sagen.

„Moderne“ bauliche Maßnahmen und „moderne“ Grenzsoldaten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die „moderne Grenze“ eine fast perfektionierte Anlage zur Verhinderung von „Republikflucht“ sein wird. Dem Auge des Betrachters aus West-Berlin wird sie zwar gefälliger als bisher erscheinen, dem Flüchtling jedoch stellen sich die „Grenzsicherungsanlagen“ bereits in der Tiefe des Vorfeldes nahezu unüberwindlich entgegen.