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4765 ► Deutscher Bundestag - 125. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. März 1951

 

(Dr. Schumacher)

 

der Prager Außenministerkonferenz der Oststaaten vom 21. Oktober 1950.

 

(Hört! Hört! bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

 

- Wenn man das ganze Drum und Dran betrachtet, dann ist es nicht nur der Geist der Prager Außenministerkonferenz, sondern auch sogar der Geist des Warschauer Abkommens, der die kommunistischen Kräfte in ihrer Propaganda vorwärts treibt.

 

Der Konstituierende Rat soll paritätisch zusammengesetzt sein. Die Parität zwischen zahlenmäßig ungleich Starken ist immer der Versuch, die Herrschaft der Minderheit über die große Mehrheit zu etablieren.

 

(Beifall bei der SPD.)

 

Dabei rechnen die Leute des Totalitarismus auf das Bündnis mit den Illusionären und den Rückversicherern der Bundesrepublik.

 

(Sehr richtig! bei der SPD.)

 

Dieser Konstituierende Rat ist die nationale Methode zur Erkämpfung der kommunistischen Diktatur in Deutschland. Viel zu wenig wird in unserem Lande die zur gleichen Zeit angewandte internationale Methode beachtet. Wenn die nationale Methode, der Kampf um die Etablierung des Konstituierenden Rates, eine propagandistische Aktion ist, bei der die Wahrheit unterdrückt werden muß, so ist die internationale Methode, die es auch mit anderen Kräften als den Deutschen zu tun hat, von dem Wunsche nach Klarheit und nach Ausdruck der wirklichen Absichten bestimmt. - Im Februar dieses Jahres fand in Berlin - ausgerechnet in Berlin! - eine internationale „Friedenskonferenz“ statt, die aus 81 Ländern beschickt war. Dort wurde kein einziges versöhnliches Wort gegenüber dem deutschen Volke gesprochen.

 

(Sehr wahr!)

 

Dort haben sich die Kommunisten, die überall in der Welt die rücksichtslosesten Feinde Deutschlands sind, und ihre deutschen Satelliten und Mitläufer mit den fremden Kommunisten geeinigt in dem Willen zur Unterdrückung und Entrechtung Deutschlands.

 

(Zurufe von der CDU und SPD: Sehr wahr! Hört! Hört! - Pfui!)

 

Dort verlangte man die Rückkehr zu den Abkommen, die die Alliierten während der härtesten Perioden des Krieges miteinander geschlossen haben.

 

(Hört! Hört! bei der SPD.)

 

Dort erklärte ausgerechnet der französische Kommunist Farge unter einmütigem Beifall der Versammlung etwas, das sich jeder Deutsche einprägen sollte: man müsse „eine Friedenssolidarität schaffen, die im Interesse der Völker die Solidarität des Krieges weiterzuführen“ habe.

 

(Hört! Hört! bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)

 

Man will also eine neue Welt mit den Mitteln der Kriegspsychose aufbauen. Daß Deutsche dazu ihre Zustimmung geben können, ist eine Warnung für die Ahnungslosen in unserem Lande. Daß ausgerechnet die Kommunisten in der Welt sich auf die Heiligkeit der Verträge besinnen, nämlich der Verträge mit sehr unheiligem Inhalt,

 

(Heiterkeit)

 

das ist um so überraschender, als doch die Kommunisten die Verträge mit einem heiligen Inhalt, nämlich die Friedensverträge, die den Balkanländern Rumänien, Bulgarien und Ungarn die Freiheit und die Demokratie sichern sollten, rücksichtslos gebrochen haben.

 

(Lebhafte Zustimmung bei der SPD, in der Mitte und rechts.)

 

Auf dem Berliner Friedenskongreß bekannten sich die Kommunisten der ganzen Welt zu dem Vernichtungswillen von Jalta und Quebec und all den anderen Konferenzen. Dort bekannte man sich ausdrücklich immer wieder zu Potsdam. Dort wurde nicht nur politische und militärische Abwehr gegen den Westen gepredigt und das deutsche Volk unter diesem Gesichtspunkt negativ behandelt; dort erklärte man dem Sinne nach jede deutsche Industrie zu einer Kriegsindustrie und deklarierte wörtlich den Passus der Forderung der Quebecer Konferenz vom September 1944: „Schließung oder Zerstörung aller metallurgischen, chemischen und elektrischen Industrien der Ruhr und der Saar.“

 

(Hört! Hört! bei der CDU und bei der SPD. - Abg. Rische: „Rüstungsindustrie" hieß es!)

 

Lesen Sie nach, Sie Kenner der diplomatischen Akten!

 

(Abg: Rische: Das ist doch Blödsinn! - Zurufe aus der Mitte: Ruhig! - Glocke des Präsidenten.)

 

Die beiden Hauptziele der kommunistischen Kampagne sind: erstens propagandistisch die Kampagne gegen die sogenannte Remilitarisierung.

 

(Erneute Zurufe von der KPD.)

 

Aber, meine Damen und Herren, diese sogenannte Remilitarisierung ist in diesem Munde ja wohl eine Lähmungsaktion ohne sachlichen Ernst. Die Diskussion, die jetzt auf einer kommenden, von der Weltfriedenskonferenz eingesetzten „Europäischen Arbeiterkonferenz gegen die Remilitarisierung Deutschlands“ begonnen wird, hat ja tatsächlich ein anderes Ziel. Tatsächlich erstrebt man die Verlangsamung, wenn nicht gar das Abstoppen bei der Aufstellung der ungeheuren Produktionskaders der amerikanischen Rüstungsindustrie.

 

Neben dieser propagandistischen Attacke gibt es aber eine sehr realpolitische. Man will dem undemokratisch zustande gekommenen totalitären Konstituierenden Rat als Hauptaufgabe den Abschluß eines Friedensvertrages noch im Jahre 1951 zuweisen.

 

(Hört! Hört! .bei der SPD. - Lachen.)

 

Was in einem solchen Friedens vertrag stehen soll, haben die Sowjets ja unvorsichtigerweise vor der Pariser Außenministerkonferenz 1949 erzählt. Sie forderten die Entnahme von Reparationen für die Sowjets aus der laufenden Produktion Westdeutschlands. Sie wollen die sowjetische Mitkontrolle und die Heranziehung ihrer Satellitenstaaten bei der Mitkontrolle des Ruhrgebiets. Sie erstreben die verstärkte politische Einwirkungsmöglichkeit auf die Gestaltung des deutschen Staatswesens. - Diese undemokratische Zweckeinrichtung des Konstituierenden Rates soll eine ebenso undemokratische Zweckregierung schaffen. Die Aufgabe dieser sogenannten Regierung wäre, die Politik der vollendeten Tatsachen im kommunistischen Sinne durchzuführen.

 

(Sehr gut! bei der CDU und SPD.)

 

Alle Parteien sollen mit diesem Friedensvertrag, der eine Kapitulation vor den Sowjets unter Verleugnung der deutschen Lebensnotwendigkeiten zu sein hat, belastet werden. So will man den Weg zur Eroberung der Macht nach dem Vorbild der Satellitenstaaten ...