Antwort des parlamentarischen Staatssekretärs Andreas von Schoeler auf die schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3237, Fragen B24 und 25):
Ist es zutreffend, daß die Vertreter des Bundes in der gemeinsamen Grenzkommission mit der DDR den Fall des Flüchtlings Wegener bisher nicht zur Sprache gebracht haben, und wenn ja, aus welchen Gründen ist dieses nicht geschehen?
In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung die DDR an ihre Pflichten zu erinnern, die sich aus der Unterschrift der DDR unter der Deklaration der Haager-Friedenskonferenz ergeben und derzufolge Selbstschuß- und Tötungsgeräte, wie sie an der Demarkationslinie der DDR installiert sind, nicht zulässig sind?
Zu Frage B 24:
Die Grenzkommission, in der auch die Länder Bayern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein vertreten sind, hat nach Abschnitt I des Zusatzprotokolls zum Grundlagenvertrag vom 21. Dezember 1972 die Aufgabe, zur Regelung sonstiger mit dem Grenzverlauf im Zusammenhang stehender Probleme beizutragen. Praktische Beispiele hierfür sind grenzüberschreitende Angelegenheiten der Schadensbekämpfung, der Wasserwirtschaft, der Energieversorgung und des Fischfangs, die Benutzung von Grenzgewässern durch Sportboote sowie Grenzverletzungen. Verletzungen von Flüchtlingen auf DDR-Gebiet durch die Sperrmaßnahmen und -anlagen der DDR auf DDR-Gebiet - wie die schwere Verletzung von Herrn Frank Wegner am 19. Juli 1979 im Kreis Osterburg/DDR - stehen nicht im Zusammenhang mit dem Grenzverlauf selbst. Sie sind vielmehr eine Folge dessen, was der Bundeskanzler in der Erklärung der Bundesregierung zur Lage der Nation vor dem Deutschen Bundestag am 9. März 1978 als die „menschenunwürdige Art der Grenzsicherung durch die DDR“ bezeichnet hat.
Zu Frage B25:
Die Haager Erklärung vom 29. Juli 1899 „betreffend das Verbot von Geschossen, die sich leicht im menschlichen Körper ausdehnen oder platt drücken“, ist, wie es dort ausdrücklich heißt, „für die vertragschließenden Mächte nur bindend im Fall eines Krieges zwischen zwei oder mehreren von ihnen“. Im übrigen richten sich die Schußapparate SM-70 gerade gegen Bewohner der DDR selbst. - Unabhängig von der völkerrechtlichen Lage hat die Bundesregierung ihre Auffassung über die gewalttätige Grenzpraxis der DDR immer wieder zum Ausdruck gebracht. Zuletzt hat Herr Kollege Dr. Kreutzmann dies bei Gelegenheit einer Antwort auf eine Frage des Kollegen Böhm (Melsungen) am 31. Juli 1979 ausführlich getan. Er hat hervorgehoben, daß die Grenzpraxis der DDR die schwerste Belastung für unser Verhältnis zur DDR ist, daß unbeschadet der schwierigen Gesamtsituation die Bundesregierung versucht, in Verhandlungen eine Milderung der Härten der Teilung Deutschlands zu erreichen, daß die den laufenden Verhandlungen vorausgegangene Teilung des Landes und damit die Grenze zwischen beiden deutschen Staaten hierdurch allerdings nicht überwunden werden können.