Das wichtigste Sperrelement des „Antifaschistischen Schutzwalls” waren die sogenannten Grenzpolizisten (Grepos). Ihre militärische Ausbildung hinsichtlich ideologischer Fragestellungen (Politunterricht, Rotlichtbestrahlung) und praktischer Aufgaben (Schießausbildung) gewährleistete, dass Flüchtlinge, die die DDR in Richtung Westen verlassen wollten, als Verbrecher und Staatsfeinde betrachtet wurden, deren bedingungslose Vernichtung für die „sozialistischen Friedenskämpfer″ Ehrensache war.

Sogenannte „Grenzsoldaten˜ dokumentieren Ereignisse am Checkpoint Charlie während der Entstehung des Mauerkunstwerkes von Deborah Kennedy am 15.04.1989. Foto: Ha.-Jo. Burmeister, Berlin

Sogenannte „Grenzsoldaten˜ dokumentieren Ereignisse am Checkpoint Charlie während der Entstehung des Mauerkunstwerkes von Deborah Kennedy am 15.04.1989.
Foto: © Ha.-Jo. Burmeister, Berlin

Das wichtigste Sperrelement ...

... des »Antifaschistischen Schutzwalls«, im Westen zuerst als Schandmauer, dann im Zuge der Entspannungspolitik verharmlosend als Mauer bzw. Berliner Mauer bezeichnet, war der sogenannte „GRENZPOLIZIST” bzw. „GRENZSOLDAT der sogenannten „Grenztruppen” der DDR. Durch eine Anordnungs- und Befehlskette, die vom FAHNENEID (Siehe: AFS 1/61 (1) - 5. Jahrestag NVA / Anatal Lux: Der Eid) über die BEFEHLE 101 des Ministers für Nationale Verteidigung und den untergeordneten Befehlen 80, 40, 20 sowie den Streng Geheimen DIENSTVORSCHRIFTEN (z.B.: DV 30/10) bis hin zu der mündlichen VERGATTERUNG reichte, wurde den Angehörigen der bewaffneten Organe der DDR das Schießen bzw. Vernichten von Deutschen befohlen.

Vergatterungsformel: „Der [x.] Zug sichert den Sicherungsabschnitt [a bis c] der Kompanie mit der Aufgabe, Grenzdurchbrüche nicht zuzulassen, Grenzverletzer vorläufig festzunehmen bzw. zu vernichten und den Schutz der Staatsgrenze unter allen Bedingungen zu gewährleisten”.

Um diesem Befehl genügen zu können, erhielten die Waffenträger eine Spezialausbildung im Schießen. Eine zusätzliche Motivation bestand in der Belobigung in Form eines Bestenabzeichens. Erfolgreiche Todesschützen wurden zudem mit einer Aktentasche bzw. Armbanduhr ausgezeichnet. Zusätzlich erhielten sie zudem oft auch noch eine Geldprämie und Sonderurlaub.

Im Polit-Unterricht wurden die jungen Soldaten unterwiesen. Sogenannte Grenzverletzer sind nicht zu verschonen. Das Argument „Deutsche schießen nicht auf Deutsche” war nicht wirksam, weil (nach der Argumentation der Ausbilder) auch die Nazi-Mörder (sprich: nationalsozialistische Mörder) Deutsche waren, und ohne Frage für ihre Verbrechen während der NS-Zeit bestraft werden müssen. Die SED- und NVA-Politologen stellten damit unbewaffnete, friedvolle Menschen, darunter Frauen und Kinder, die sich durch Flucht dem KZ-DDR zu entziehen versuchten, um im Westen in Freiheit und mit den ihnen zustehenden Bürgerrechte Leben wollten, mit nationalsozialistischen Mördern und nationalsozialistischen „KZ”-Wächtern gleich.

Auf dieser ideologischen Grundlage befahlen sie ihren Waffenträgern als Diener der Arbeiter- und Bauermacht, sogenannten „Republikflüchtlinge“ mit militärischer Präzision erbarmungslos zu vernichten. An der Berliner Sektoren- und Zonengrenze ist dies in mindestens 136 Fällen (Zentrum für zeithistorische Forschung) geschehen. Andere Quellen hingegen geben die Zahl der Opfer der sowjetzonalen Todesschwadronen mit 245 (Arbeitsgemeinschaft 13. August 1961 e.V.) an.

In der offiziellen Betrachtungsweise der damaligen Politik der Bundesrepublik Deutschland wurden Angehörige der bewaffneten Organe der DDR, die Menschen an der Sektoren- bzw. Zonengrenze erschossen haben, weil sie von Deutschland nach Deutschland wollten, im Gegensatz zu heute, als Mörder betrachtet. Die Schützen hatten ohne Not und Gefahr für das eigene Leben auf unbewaffnete Menschen, darunter Kinder und Jugendliche, scharf und gezielt mit der Absicht geschossen, Republikflüchtlinge” zu vernichten! In vielen Fällen wurden die Angeschossenen stundenlang liegen gelassen, ohne ihnen Erste-Hilfe-Maßnahmen zukommen zu lassen; statt dessen schlugen die sogenannten Grenzpolizisten bzw. Grenzsoldaten auf die am Boden liegenden Schwerverletzten ein, beschimpften und schlugen sie - bis der Tod nach Stunden des Leidens eintrat.

Diese Sozialisten vertraten die Ansicht, dass sie mit dem Niederschießen von wehrlosen Menschen einen positiven Beitrag für die „Völkerfreundschaft” und den „Weltfrieden” leisteten.

Um sich in das strahlende Licht der Heroen zu stellen, sangen sie das Fragment von Helmut Richter „XX. Parteitag” (Hanns Eisler, „Ernste Gesänge″, Nr. 5.)

Ich halte Dich in meinem Arm umfangen
Wie ein Saatkorn ist die Hoffnung aufgegangen
Wird sich nun der Traum erfüllen,
derer die ihr Leben gaben
für das kaum erträumte Glück
Leben - ohne Angst zu haben!
Leben - ohne Angst zu haben!


Tipp 1: Eisler, Hanns
Ernste Gesänge [CD] / Hanns Eisler

Tipp 2: Eisler, Hanns
Ernste Gesänge : für Bariton u. Streichorchester ; nach Texten von Hölderlin, Bertolt Viertel, Leopardi, Helmut Richter u. Stephan Hermlin [Noten] / Hanns Eisler. - Partitur, 2. Aufl. - Leipzig : Dt. Verl. für Musik, 1978. - 27 S. ; 30 cm