Zur Durchführung des Beschlusses des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. August 1961 werden ab sofort folgende Veränderungen im gesamten Verkehrsnetz des Raumes von Berlin durchgeführt:

I. Auf dem Streckennetz der Deutschen Reichsbahn

1. Fernverkehr

Die Züge des internationalen Fernverkehrs und des Fernverkehrs zwischen Berlin und Westdeutschland verkehren in ihrem bisher gültigen Fahrplan. Jedoch beginnen und enden diese Züge am Fernbahnsteig A des Bahnhofes Friedrichstraße.

2. Berliner S-Bahn-Verkehr

Der direkte S-Bahn-Verkehr zwischen den Randgebieten der Deutschen Demokratischen Republik und Westberlin wird eingestellt.

Ferner werden eingestellt der direkte S-Bahn-Verkehr zwischen den S-Bahnhöfen Pankow-Gesundbrunnen, Schönhauser Allee-Gesundbrunnen, Treptower Park-Sonnenallee, Baumschulenweg-Kölnische Heide.

Auf der Stadtbahn beginnen und enden die S-Bahn-Züge nach und aus Richtung Osten auf dem Bahnsteig C des Bahnhofes Friedrichstraße. Die Züge nach und aus Westen beginnen und enden auf dem Bahnsteig B des Bahnhofes Friedrichstraße.

Die S-Bahnhöfe Bornholmer Straße, Nordbahnhof, Oranienburger Straße, Unter den Linden und Potsdamer Platz werden für den öffentlichen Verkehr geschlossen. Die Bahnhöfe Wilhelmsruh, Schönholz und Wollankstraße der Nordstrecken der S-Bahn können nur von der Westberliner Seite her betreten und verlassen werden.

Die Züge der Nord-Süd-S-Bahn, die zwischen Frohnau und Lichterfelde-Süd, Heiligensee und Lichtenrade sowie zwischen Gesundbrunnen und Wannsee über Schöneberg verkehren, halten im demokratischen Berlin nur am unteren Bahnsteig des Bahnhofes Friedrichstraße. Das Hauptgebäude des Bahnhofes Friedrichstraße kann nur nach dem Passieren einer Kontrolle betreten und verlassen werden. Der Bahnsteig C des Bahnhofes Friedrichstraße kann über die Zugänge an seinem östlichen und westlichen Ende ohne Kontrolle betreten und verlassen werden.

Auf den im demokratischen Berlin gelegenen S-Bahn-Strecken wird der Zugverkehr in der bisherigen Weise in vollem Umfang aufrechterhalten. Der S-Bahn-Verkehr von Bernau - über Pankow-Schönhauser Allee zum östlichen Teil des Innenrings wird verstärkt.

Auf den S-Bahn-Strecken Oranienburg bis Hohenneuendorf, Veiten-Hennigsdorf, Nauen-Falkensee, Potsdam-Griebnitzsee und Mahlow-Rangsdorf wird der örtliche Nahverkehr durch Pendelzüge der S-Bahn bedient.

Zur Verbindung der nördlich, westlich und südlich von Westberlin gelegenen Kreise des Bezirks Potsdam mit der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik wird der bereits bestehende Berufsschnellverkehr auf dem Berliner Außenring verstärkt.

II. Auf dem Streckennetz der U-Bahn

1. Die U-Bahnzüge des im demokratischen Berlin gelegenen Teils der Linie A beginnen und enden für den öffentlichen Verkehr auf dem Bahnhof Thälmannplatz.

Der U-Bahnhof Potsdamer Platz wird für den öffentlichen Verkehr geschlossen.

2. Der Bahnhof Warschauer Brücke der U-Bahnlinie B wird für den öffentlichen Verkehr geschlossen.

3. Die Züge der U-Bahnlinie C halten im demokratischen Berlin nur auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße, der nach dem Passieren einer Kontrolle betreten und verlassen werden kann. Die Bahnhöfe Walter-Ulbricht-Stadion, Nordbahnhof, Oranienburger Tor, Französische Straße und der zu dieser Linie gehörende Bahnsteig des Bahnhofes Stadtmitte werden für den öffentlichen  Verkehr geschlossen.

4. Die Züge der U-Bahnlinie D durchfahren das demokratische Berlin ohne Halt. Die U-Bahnhöfe  Bernauer Straße, Rosenthaler Platz, Weinmeisterstraße, der Bahnsteig D des Bahnhofes Alexanderplatz, die Bahnhöfe Jannowitzbrücke und Heinrich-Heine-Straße dieser Linie werden für den öffentlichen Verkehr geschlossen.

5. Der parallel zu den U-Bahnlinien C und D verlaufende Omnibus- und Straßenbahnverkehr der BVG wird verstärkt.

III.  Fahrgastschiffahrt

Der Ausflugsverkehr der „Weißen Flotte“ zwischen den Havelseen und dem Seengebiet im Osten Berlins wird eingestellt.

IV. Sonderfahrten mit Kraftomnibussen

Alle grenzüberschreitenden Sonderfahrten mit Kraftomnibussen aus Westberlin sind genehmigungspflichtig. Die Genehmigung zu solchen Fahrten ist beim Deutschen Reisebüro zu beantragen.

Einige dieser Maßnahmen werden zu Fahrzeitverlängerungen und andere zu Fahrzeitverkürzungen führen. Das Ministerium für Verkehrswesen wird sofort die erforderlichen Maßnahmen einleiten, um so schnell wie möglich auftretende Unbequemlichkeiten zu vermindern.

Diese Maßnahmen tragen vorläufigen Charakter und bleiben in Kraft bis zum Abschluß eines Friedensvertrages.

Krämer

Minister für Verkehrswesen
Berlin, den 12. August 1961

Quelle: Der Bau der Mauer durch Berlin, Die Flucht aus der Sowjetzone und die Sperrmaßnahmen des kommunistischen Regimes vom 13. August 1961 in Berlin, Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, 1961, Dokument Nr. 153, aus „Neues Deutschland“ (Ost-Berlin), vom 13. August 1961.

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Tipp: Die Mauer / [Presse- und Informationsamt des Landes Berlin]. - 6., aktualisierte Aufl. - Berlin, 2001. - 26 S. : Ill., Kt.

Tipp 2: Mitter, Armin
Brennpunkt 13. August 1961 : von der inneren Krise zum Mauerbau / von Armin Mitter. Unter Mitarb. von Jens Schöne. [Presse- und Informationsamt des Landes Berlin]. - Berlin, 2001. - 95 S. : Ill.

Tipp 3: Rathje, Wolfgang
"Mauer-Marketing" unter Erich Honecker : Schwierigkeiten der DDR bei der technischen Modernisierung, der volkswirtschaftlichen Kalkulation und der politischen Akzeptanz der Berliner "Staatsgrenze" von 1971-1990 / vorgelegt von Wolfgang Rathje. - 2001. - 996 S. - Kiel, Univ., Diss., 2001